Bocktenhorn (3044) Albula Alpen

Wuchtiger 3000er im Dischmatal

Ein stattlicher Dreitausender ohne besondere Schwierigkeiten, ein kurzer Anstieg mit nur knapp über 1000 Höhenmetern, dazu ein hochgelegener Ausgangspunkt mit Übernachtungsmöglichkeit. Und eine deutlich freistehende Position innerhalb der eigenen Berggruppe. So ein Berg müßte die Bergsteiger doch eigentlich in Scharen anziehen, gerade dies aber ist nicht der Fall. Das Bocktenhorn über dem Dischmatal gehört sicherlich zu den unbekanntesten und am wenigsten besuchten Dreitausendergipfeln der Albula Alpen.

Bocktenhhorn

Als höchste Erhebung zwischen Chüealphorn und Davos bietet es eine umfassende und weitgreifende Rundsicht, doch trotz der Nähe zum Ferienklassiker Davos wird das Bocktenhorn kaum je besucht, weder im Winter noch im Sommer. Ein Grund dafür mag der zum Teil recht unbequeme bzw. mühsame Aufstiegsweg sein. Warum sich die Gipfel dieser überaus interessanten Berggruppe aber keinen alpinen Namen gemacht haben bleibt mir ein Rätsel. Keine 20 Kilometer vom total erschlossenen Davoser Skigebiet konnte diese Gruppe ihre Ursprünglichkeit fast komplett bewahren, Individualisten unter den Bergsteigern werden es ihr danken.

Firn und Gletscher sucht man allerdings vergeblich am Bocktenhorn, sein dunkler Gneisgipfel wird von grobem Schutt und Schneeresten umlagert.

Unter den mächtigen Flanken des Bocktenhornes erstreckt sich das langgezogene Dischmatal. Vom romanischen "dieschma" , lateinisch " decimanus" also zum Zehnten gehörend leitet sich der Talname her. Nur eine knappe Viertelstunde von der Mündung des Flüelatales ins Landwassertal beginnt das Dischmatal mit der "Duchli" ( Dunkelheit ), einer sehr schattigen Gegend, und steigt in mehreren Stufen bis hin zum Scalettapass auf. Den majestätischen Talschluß bilden Scaletta-und Grialetschgletscher. Dürrboden, eine winzige Alpsiedlung auf der letzten Stufe des Dischmatales gelegen, war zur Zeiten der Säumerei über den Scalettapass noch ganzjährig bewohnt und bewirtschaftet. Heute öffnet das Gasthaus nur von Mitte Juni bis Mitte/Ende Oktober seine Forten. Neben dem Dischmabach finden sich hier ein Spielplatz, ein Restaurantbetrieb, ein Brunnen und das Massenlager der SAC-Sektion Davos, welches eigentlich immer offen steht und somit auch Skitourengehern als mögliche Unterkunft dient. Eingeschlossen wird diese abgelegene Siedlung zu fast allen Seiten von hoch aufragenden Bergmassiven. Direkt über dem Talende erheben sich Piz Grialetsch und der lange Südgrat des Scalettahornes, nach Norden hin beengt das spitze Flüela Schwarzhorn den Raum, und die Südseite wird von den mächtigen Abstürzen des Bocktenhorns beherrscht. Alles in allem also eine imposante hochalpine Szenerie.

 

Der Wegverlauf

Vom Startpunkt Dürrboden aus wird zuerst geradewegs der Weg in Richtung Scalettapass eingeschlagen. Ihm folgen wir bis die erste Talstufe erreicht ist. Über eine lange Gerade geht es nun direkt auf den, hinter dem Anstiegsweg gelegenen, Bergsee zu. Der Weg macht nun eine enge Linksschleife, wir aber folgen geradeaus undeutlichen Pfadspuren in das Seeboden genannte Plateau hinein. Kurz vor dem Seelein überqueren wir dessen Auslauf an einer beliebigen Stelle. Im Frühsommer kann diese Überquerung durchaus Probleme bereiten. Nun geht es weiter über steile Rasenhänge dem gut sichtbaren Schuttcolour zwischen dem Bocktenhorn und seinem linken Nachbarn entgegen. Einen kleinen Bachlauf entlang führt eine Rasenrippe direkt dort hin. Am günstigsten ist es hier sich an der rechten Bachseite zu halten.

4 sehr ähnlich aufgebaute Gneisgipfel stellen sich hier sauber in einer Reihe auf, ehe das Firn umlagerte Chüealphorn für einen Kontrast sorgt. Der 2. Gipfel in der Reihe von begrünten Jakobshorn aus ist das Bocktenhorn dessen übergeordnete Höhe von hier aus nicht zu erkennen ist. Nun weiter immer am Bachlauf entlang weiter in das Schuttcolour hinein, bis uns ein felsiger Gratausläufer den Weiterweg versperrt. Zum Glück findet sich links ein steiles Geröllfeld, welches aufgrund seines eher feinen Schuttes zwar sehr mühsam, aber dennoch gut zu begehen ist. Mit etwas Glück ist es noch mit Schnee bedeckt, was den Aufstieg erleichtert. Oben angekommen erwartet uns ein weiteres Plateau aus Schutt und Geröll. Der Gipfelgrat ist von hier aus schon sichtbar und wirkt wesentlich weiter entfernt als er eigentlich ist. Zuerst halten wir auf den rechten Grat zu, queren aber dann nach wenigen 100 Metern nach Links in Richtung Nord bzw. Gipfel. Der Grat wird nämlich nach kurzer Zeit zu schwierig, sodass ich ihn den Steinböcken überlassen habe, welche ich dort ca. 20 Meter über mir beobachten konnte. Acht geben muss man übrigens während des gesamten Anstieges auf Blindgänger des Schweizer Millitärs, welche diese nach ihren Übungen zurückgelassen haben. Die große Häufigkeit dieser Übungen lässt sich an der immensen Anzahl der kleinen Raketenimitationen ablesen. Unter Schnee versteckt können sie durchaus eine Gefahr für Bergsteiger und auch Wildtiere bedeuten. Über Grasbänder erreicht man nach einer mühsamen Geröllquerung die Schuttflächen direkt unter dem Gipfel. Diese (die Grasbänder) allerdings sind ausgesetzt und nicht ganz einfach zu finden. Danach gilt es den richtigen Weg durch eine kurze Felsstufe zu finden, wobei mehrere Durchstiege möglich sind. Die letzten schätzungsweise Hundert Höhenmeter sind extrem mühsam, egal ob Schnee oder feiner Schutt den Aufstieg erschweren. Es empfiehlt sich deshalb nach rechts zuerst auch über Schutt zum östlichen Gratanstieg zu queren. Das hier deutlich gröbere Gestein ist den Umweg wert. Hier müssen allerdings am Schluss noch kurze einser Kletterstellen überwunden werden bevor der Gipfelpunkt erreicht ist. Der Gipfel wird von einem Steinmann geziert, ein Gipfelbuch konnte ich aber nicht entdecken. Dafür kann man nun sicher sein auch wirklich das Bocktenhorn erreicht zu haben, da die Nachbargipfel unter uns verschwunden sind. Vor uns scheinen die Alpen erst bei den Plessurbergen weiterzugehen, während sich zur anderen Seite elegant das Chüealphorn aus seinem Eismantel erhebt. Weitere Glanzpunkte sind Älplihorn, Flüela Schwarzhorn und die Pizze Ela, Vadret, Kesch und Linard. Eine wirklich gute Alternative zum Aufstiegsweg existiert nicht, sodass dieser auch für den Abstieg empfohlen wird.

Talort: Davos ( s1600m)

Ausgangspunkt: Dürrboden (2007 m)

Zeiten: Dürrboden-Bocktenhorn: 3 St. ; Abstieg: 2 St.

Höhenunterschiede: Dürrboden-Bocktenhorn: ca. 1050 Hm.

Schwierigkeiten: erfahrener Berggänger, zwar keine wirklichen Kletterstellen, aber Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Erfahrung bei der Wegsuche nötig

Stützpunkte: keiner

Übernachtungsmöglichkeiten im Talort: Gasthaus Dürrboden, tel.: 081/4163414

ÖPNV-Anschluß: ab 9 Uhr Busse von Davos