Scalettahorn ( 3061 m ) Albula Alpen

Erhabener Gratanstieg zwischen Landwassertal und Unterengadin

Das Scalettahorn, ein weiterer leicht erreichbarer Dreitausender im Grialetschgebiet steht ebenfalls etwas im Schatten der Großen des Gebietes wie Piz Vadret oder Piz Grialetsch. Da beide auch noch in unmittelbarer Nachbarschaft aufragen, ist den wenigsten bekannt, dass auch dieser Berg einen sehr interessanten hochalpinen Anstieg vorweisen kann. Außerdem ist man fast garantiert allein am Gipfel.

Scalletahorn

Mir leistete nur ein Steinbock in angemessener Entfernung Gesellschaft und ließ sich durch mein Eindringen in seinen Lebensraum überhaupt nicht erschrecken oder beeindrucken. Er schien zu wissen, dass ich keinerlei Gefahr für ihn darstelle, gefährlich sind da schon eher die Minen, welche hier überall anzutreffen sind. Schießübungen des Schweizer Millitärs haben hier ihre Spuren hinterlassen. Dieser Übungen wegen wird das gesamte Gebiet im Mai und November komplett abgeriegelt. Zeit die für Wanderer und Steinböcke nicht ganz ungefährlichen Spuren zu beseitigen bleibt aber offensichtlich keine.

Namensgebend für das Scalettahorn ist natürlich der Scalettapass, vor dem Bau der Flüelapaßstraße die wichtigste Verbindung zum Engadin und weiter ins Veltlin. Heute hat der Pass nur noch touristische Bedeutung, wird aber recht häufig begangen. An einigen kurzen gepflasterten Abschnitten spiegelt sich die ruhmreiche Vergangenheit als Säumerweg noch wieder, ansonsten aber ist es stiller geworden auf diesem geschichtsträchtigen Wegabschnitt.

Obwohl zahlreiche interessante Gipfelziele wie Piz Grialetsch, Chüealphorn, Bocktenhorn oder eben das Scalettahorn in seinem Einzugsbereich liegen hat der Pass keine direkte bergsteigerische Bedeutung.  Auch Stützpunkte des SAC sucht man hier vergebens. Diese allerdings sind aufgrund des hohen Ausgangspunktes im Dischmatal auch nicht unbedingt erforderlich. Von Dürrboden aus ist jeder

dieser Gipfel problemlos als Tagestour durchführbar. Zwei logische Anstiegsrouten gibt es am Scalettahorn, sodass sich eine Überschreitung nahezu aufdrängt. Die erste Möglichkeit wäre hufeisenförmig den gesamten Gratkamm zu überschreiten, die Zweite aus dem Gletscherplateau heraus den Gipfel über am Schluss steiles Schuttgelände zu ersteigen. Letzteres dürfte auch für Skibergsteiger geeignet sein.

 

Der Wegverlauf

Vom Restaurant Dürrboden aus auf 2007 Metern wandern wir weiter ins Tal hinein und folgen den Bezeichnungen in Richtung Scalettapass. Durch Gletscherschliff ist dieser Anstieg in mehrere Talstufen gegliedert worden, beim Ersteigen der Ersten wirkt vor allem das Chüealphorn sehr verlockend. Während des Überwindens der zweiten Talstufe macht der Blick auf einen kleinen Bergsee die Mühen vergessen, nach der Dritten ist die Scalettapasshöhe auch schon erreicht. Diese kann auch von S-chanf (1662 m) im Engadin erwandert werden, bzw. ist nach der Tour auch ein Übergang nach S-chanf auf bezeichneten Wegen möglich. Als Startpunkt ist das Dischmatal wegen der deutlich höheren Ausgangslage natürlich klar vorzuziehen.

Aber nun weiter zum Scalettahorn. Beim Wegweiser auf der Passhöhe halten wir uns links und steigen zunächst weglos einen Grasrücken hinauf. Schnell geht der Rasen in Schutt über und zu meiner Überraschung finden sich hier nun Pfadspuren und Steinmänner. Auf die Hänge folgt ein riesiges, weites Firnplateau, am Rand Schutt. Wir folgen den Spuren nach rechts und umgehen eine kleine Erhöhung rechts. Ein kurzer Gegenabstieg mit leichtem Linksdrall führt nun weglos über ein recht flaches Schuttplateau auf den wild gezackten Südgrat zu. Dieser wird rechts über Schutt und gröbere Blöcke leicht erreicht, auf ihm verläuft der Rest des Anstieges. Zunächst ohne Probleme geht es nun einen steilen Schutthang hinauf, wobei neben Schneeflecken auch immer wieder die Minen zur Verschönerung des Landschaftsbildes beitragen. Wirklich schön sind aber die Blicke ins Engadin und auf die Gruppe des Chüealphorns. Vor der nächsten Grathöhe zwingt uns ein felsiges Steilstück zum rechtsseitigen Ausweichen, danach verwandelt sich der abwechslungsreiche Grat in eine scharfe Schneide. Geringe Schwierigkeiten ergeben sich aber erst nach dem Linksschlenker des Grates, der dann direkt auf den ersten Gipfelpunkt (Piz Vallorgia) zustrebt. Etwas ausgesetzt und in leichter Kletterei (1) ist dieser nach wenigen Minuten erreicht. Kurze Zeit noch folgen wir dem Grat weiter, klettern dann einen kleinen Kamin ab welcher auf eine Firnebene führt. Prachtvolle Ausblicke auf den gewaltigen und wild gezackten Piz Vadret machen den kurzen Rest des Aufstieges zum puren Genuss. Einige felsige Gratköpfe lassen wir rechts liegen und streben auf Firn-und Schuttflächen, nur am Schluss wieder steiler, dem Gipfelsteinmann zu. Dieser befindet sich am linken Ende des Grates und nicht wie man zuerst vermuten könnte am Rechten.

Das Bild beherrschen hier oben klar die Giganten der Albula Alpen, vor allem Piz Kesch, Piz Vadret und Flüela Schwarzhorn. Auch Piz Linard, Fluchthorn und Berninagruppe hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Ganz nah ragen noch Chüealphorn (gegenüber) und die graue Pyramide des Älplihorns auf.

Für den Abstieg folgen wir nun einfach linksseitig Pfadspuren durch die Schuttwand und halten uns am Grat. Damit ist das Hufeisen vollständig. Nach kurzer Zeit findet sich wieder links ein günstiger Abstiegsweg über einen Schutthang, welcher direkt auf die leuchtenden Firnfelder des Vadret Vallorgia leitet. Am rechten Gletscherrand stapfen wir nun so lange geradeaus bis wir das Gletscherende erreichen. Von hier können wir schon den Hang einsehen welcher zurück zur Passhöhe leitet. Natürlich kann die Überschreitung auch umgekehrt durchgeführt werden, ist dann aber weniger Aussichtsreich beim Anstieg.

Talort: Davos (1600 m)

Ausgangspunkt : Dürrboden (2007 m)

Zeiten: Dürrboden-Scalettahorn: 3,5 St. ; Abstieg: 2,5 St.

Höhenunterschiede: Dürrboden-Scalettahorn: ca. 1100 Hm.

Schwierigkeiten: Fels (1), leichte Gletscherquerung, normalerweise keine Spaltengefahr

Stützpunkte: keiner

Übernachtungsmöglichkeiten im Talort: siehe Bocktenhorn

ÖPNV-Verbindungen: siehe Bocktenhorn