Mazzaspitz (3164 Meter)

Schöner 3000er im Avers

Der Mazzaspitz besteht, fast senkrecht geteilt, je zur Hälfte aus grünem Schiefer und Serpentin. Von der Sonne angestrahlt und schneefrei verleiht dieser Schiefer dem Berg einen eigentümlichen Glanz. Obwohl er unter Bergsteigern relativ unbekannt ist, und selten bestiegen wird ist der Mazzaspitz eine der imposantesten Erscheinungen des Aversgebirges. Seine Nordwand bildet zusammen mit der benachbarten Jupperhorn-Nordwand einen, wenn auch durch eine breite Einsattelung getrennten, einzigen Steilabfall.

Mazzaspitz

Dieses stattliche Felsmassiv, von einer zierlichen Kalotte gekrönt, und von wirklich interessanter geologischer Zusammensetzung müßte eigentlich viel mehr Anziehungskraft auf Bergsteiger ausüben. Zumal es auch noch die 3000 Meter Grenze deutlich überschreitet, und durch den hohen Ausgangspunkt leicht als Tagestour durchzuführen ist. Selbsverständlich ist dann auch die Gipfelrundsicht vom Allerfeinsten, vor allem auf den wuchtigen Piz Platta, die Bergünerstöcke und die Berninagruppe.

Zwei mäßig steile Grate fallen nach Osten und nach Süden ab, wobei letzterer auch den Normalweg darstellt. Sie bilden ein gewaltiges dunkles Dreieck, das an Mächtigkeit nur noch vom Piz Platta überboten wird. Einzig eine Vergletscherung fehlt zum perfekten Berg, aber die meiste Zeit über gleichen Schneefelder dieses Manko aus.

Das Wort Mazza stammt vom lateinischen mattea ab und bedeutet Keule.

Im Aversgebiet haben sich im 13. Jahrhundert eben jene Walser angesiedelt, die Hunger, Pest oder Überbevölkerung aus ihrer Heimat vertrieben haben. Bis heute haben sie ihr eigenes Idiom und ihre Bräuche bewahrt. Die Fahrt von Chur nach Juf via San Bernadino Route dauert rund anderthalb Stunden. Ab Thusis durchfährt das Postauto die schroffe Viamalaschlucht und die ursprünglichen Dörfer des Val Schons und des Val Ferrera. Der Weiterweg führt durch Streusiedlungen wie Cröt, Cresta oder Camsut, vorbei an tosenden Wasserfällen und schroffen Felsen. An einigen Ställen sind noch Ziegel aus Schafmist zum Trocknen geschichtet, nicht als touristische Attraktion, sondern weil man seit jeher alles verwertet, was die Natur hergibt. Also auch Schafmist als Brennmaterial. Die Averser bezeichnen das Postauto als eine Art "Lebensnerv" die Verbindung schlechthin zum Rest der Schweiz. Ältere Einwohner sind oft ohne eigenen Wagen und damit für Arztbesuche, Einkäufe oder Verwandtenbesuche ganz auf die Postautos angewiesen. Auch wenn jemand dringend Medikamente braucht, kann er sich auf die Post verlassen. Im Notfall besorgt es der Chauffeur und bringt es dann auch mit. Wer Juf und die Averser kennenlernen möchte, sollte sich eine der 7 Ferienwohnungen in den zwar uralten, aber sanft renovierten Walser-Häusern mieten. Einmalig ist zum Beispiel die rund 500-jährige Steintreppe, welche vom Avers ins benachbarte Bergell führt. Diese auf 2700 Metern gelegene Treppe diente im Mittelalter dem Viehbetrieb und besteht aus rund 250 kunstvoll in den Stein gehauenen Stufen. Faszinierend ist auch der Murmeltierweg im Seitental Bergalga. Nirgendwo sonst gibt es so viele Murmeltiere (hier Murmata genannt) wie hier. Und nirgendwo sonst wurden sie so gut erforscht. Das Postauto hält auf Verlangen direkt am Beginn des Murmeltierweges.

 

Der Wegverlauf

Ausgangspunkt ist auch hier das Örtchen Juf im Aversertal. Mit seinen 2117 Metern gilt es als das höchstgelegene Dorf Europas und ist ganzjährig besiedelt. Direkt in der Ortsmitte wenden wir uns den südlichen Weidehängen des Berges zu und folgen zunächst dem Wegverlauf zur westlichen Fallerfurka. Auf markiertem Weg geht es zwischen Lawinenverbauungen (auch an diesem abgelegenen Tal gehen die Spuren der Zivilisation nicht vorbei) hindurch, wobei eine kleine Brücke unter einem Wasserfall überschritten wird, für die man einfach eine Gerüstleiter mit etwas Holz ausgekleidet hat. Dieser Serpentinenanstieg erscheint von unten aus etwas monoton, bietet aber eine Überraschung nach der anderen. Neben schönen Tiefblicken muss auch auf die schwarzen Alpensalamander geachtet werden, welche sich gerne auf diesem Wegbereich tummeln. An den wenigen Weggabelungen halten wir uns an die Wegweiser in Richtung Fallerfurka, bis wir linksseitig auf den nun direkt vor uns aufragenden Mazzaspitz zusteuern. Noch unter den Seelein (2790 m) biegen wir links in ein Schuttfeld ein, und steigen über Schieferschutt und Schneereste auf den Südgrat zu. Bis kurz unterhalb des Sattels. Inmitten dieser Felsmauer findet sich ein relativ einfacher Durchgang. Aus der Mulde nun gegen Westen in Richtung des Sattels im Südostgrat nordwestlich von Punkt 2941. Knapp unter diesem Sattel quert man ca. 50 Meter nach rechts und steigt dann über eine Rampe gegen links auf den oberen Teil des Schuttgrades. Über diesen gewinnt man mit hier und da etwas leichter Kletterei ( l ) den Gipfel. Dieser Anstieg ist nicht mit dem sehr ausgesetzten und klar schwierigeren Ostgrat zu verwechseln, der direkt über dem Seelein aufragt. Die gesamte Schuttflanke muss bis zum gegenüberliegenden Grat gequert werden. Sehr routinierten Kletterern, und nur diesen, schenkt der Ostgrat mit seiner von Grünschiefer bis Orange reichenden Farbvielfalt und schönem Blick auf den See ein durchweg anregendes Anstiegserlebnis. Brüchig und rutschig ist das Gestein am gesamten Berg. Oben am Gipfel befinden sich weder ein Steinmann noch ein Gipfelbuch, doch welcher Bergsteiger übersieht schon einen Gipfel. Dieser imponiert mit tollen Einblicken in die geologische Vielfalt der Splügener Kalkberge und einer bis weit ins Bergell reichenden Fernsicht. Nur der gewaltig aufragende Grünschieferklotz des Piz Platta unterbricht kurz die Schau in die Ferne. Neben der Berninagruppe sind die Bergünerstöcke und der Pizzo Stella am deutlichsten auszumachen.

Als Variante für den Abstieg bietet sich der Westgrat an, wofür zunächst über Geröllhalden abwärts in Richtung des Sattels zwischen Mazzaspitz und Jupper Horn abgestiegen wird. Durch die Schuttflanke hinunter läßt sich nun der Weg zum Podestatsch Haus gewinnen, wo die Tour beendet wird.

Natürlich kann auch am Aufstiegsweg abgestiegen werden. Die Schwierigkeiten sind ziemlich ähnlich, der Anstiegsweg aber deutlich besser zu begehen. Ich empfehle nach der Rückkehr zum Weg diesen weiter in Richtung Fallerfurka anzusteigen, wobei rechts am Seelein vorbei gestiegen wird, bis ein Wegweiser die vielfarbigen Flüelaseen ansagt. Oft mit Eis durchsetzt passen sie sich herrlich in die  Bilderbuchlandschaft ein. Nach Juf zurückgekehrt kann dann als Rundweg über den Stallerberg werden.

Talort/Ausgangspunkt: Juf im Avers, (2117 Meter)

Höhenunterschied: 1050 Meter

Schwierigkeit: Fels: leicht- wenig schwierig, kein Eis, eventuell Schnee, komplizierter Wegverlauf

Stützpunkte: keine, Übernachtungsmöglichkeiten im Avers

Zeiten: Aufstieg: 3,25 Std. von Juf; Abstieg: 2,25 Std. Flüelaseen+ 1 St.

Anbindung Bahn/Bus: regelmäßige Busverbindungen von Illanz über Andeer, der erste Bus erreicht Juf um 8,20 Uhr

günstige Übernachtungsmöglichkeit im Avers: Dependence oder Pension Edelweiss, Juf, tel.: 0816671134