Serranias Almillanis – ein 5000er über La Paz
Die Serranias Allminallis über dem Cumbre Coroico Pass sind die an nächsten an La Paz gelegenen 5000er in Bolivien.
Einige bekannte Berge ragen direkt über der bolivianischen Metropole auf, teilweise sehr gut zu erreichen. Man denke zum Beispiel an den berühmten Huayna Potosi mit seinem formvollendeten Firndreieck, oder den gewaltigen Eisklotz des Illimani. Auch etwas weniger exponierte Ziele wie der Cerro Charkini am Zongopass oder der Skiberg Chacaltaya befinden sich im direkten Einzugsgebiet der Millionenstadt. Der nächstgelegene 5000er aber dürfte am Weg zum Abra de Cumbre Pass liegen. Leider ist er bisher auf keiner Karte namentlich erwähnt, nur seine Höhe wird mit 5109 Metern angegeben.
Vom Stadtteil Filla Fatima kann man mit einem der zahlreichen Minibusse in Richtung Coroico fahren und schon weit vor der Passhöhe sehr interessante Gipfelziele vorfinden. Gerade das Schöne dabei ist, das nicht alles markiert und beschrieben ist, dass es sich hier um unberührte Landschaften handelt.
Zwar ist hier trotz der großen Höhe keine erkennbare Eiszierde vorhanden, dafür erheben sich wildgezackte, dunkle Felsgipfel in den Himmel. Weiter unten befinden sich fruchtbare Andentäler und intensiv gefärbte Seeaugen. Menschen sind hier eher nicht zu erwarten, Llamas hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit anwesend.
Die Landschaft könnte auch aus den zentralen Ketten der Ostalpen importiert sein, nur sind die Gipfel deutlich höher. Dafür aber erstaunlich einfach zu besteigen, fast immer findet sich auf mindestens einer Seite ein Schutthang wo eventuelle Kletterstellen umgangen werden können.
Drumherum gibt es neben der Riesenstadt La Paz einiges zu sehen, mit dem Huayna Potosi und dem Illimani sind 2 Klassiker der Anden aus direkter Nähe zu bewundern, dazu zahlreiche weitere 5000er, kaum bekannt, teilweise ohne Namen und selten bestiegen. Sogar die Ausläufer des fernen Titicacasees kann man von den Gipfeln deutlich ausmachen, ja an klaren Tagen kommt sogar der etwa 400 km entfernte Sajama ins Blickfeld, der höchste Berg Boliviens.
Beim Einfahren vom Altiplano aus werden meine Hoffnungen erst einmal enttäuscht, wenig Besonderes bietet sich meinen Augen, ein typisch südamerikanisches Stadtbild mit wenigen Attraktionen, eigentlich gar keinen. Relativ grau, eintönig und arm wirkt die Stadt, letzteres war natürlich zu erwarten, aber etwas mehr Farbe und Vielfalt hätte ich mir doch erhofft, und wo bleiben die vielgepriesenen Ausblicke auf die Berge? Des Rätsels Lösung ist einfach, dieser Teil gehört zum höhergelegenen Stadtteil El Alto, eher das Armenviertel der Stadt.
Auch der Flughafen befindet sich hier, dazu ein recht großer Terminal, immerhin hat El Alto mittlerweile ca. eine halbe Millionen Einwohner, aber keine der wirklich interessanten Gebäude der Stadt. Die Sicht auf die Berge ist von Teilen El Altos allerdings durchaus vorhanden, wir waren aber noch im falschen Stadtteil unterwegs. Kurze Zeit später halten wir an einer eigentlich unscheinbar wirkenden Haltebucht, angeblich soll sich hier ein Aussichtspunkt befinden. Nach ein paar Metern Aufstieg weiß ich worum es geht, mein erster Blick auf die Stadt des Friedens. Sofort zieht mich dieser hochgradig chaotische Moloch in seinen Bann, welch eine Stadt, der absolute Hammer. Ein ganzer Talkessel mit Häusern gefüllt, dazu sind sämtliche erdenklichen Hänge bebaut, zwischendrin gibt es bizarre Felsformationen und sogar etwas Grün.
Im tiefer gelegenen Innern liegen die vornehmeren Viertel, die Reichen bevorzugen die dickere Luft im unteren Stadtteil auf nur noch 3500-3000 Metern, während die Armen vor allem im 4000 Meter hohen El Alto anzutreffen sind. Inmitten des Häusermeeres befinden sich riesige Monumentalbauten, modernste Hochhäuser im westlichen Stil, welch ein Kontrast zu den ärmlichen und dauerhaft einsturzgefährdeten Blechhütten an den Berghängen. Hinter der Stadt thront der dreiköpfige Illimani, der Berg der Berge, der Sitz der Götter. Inti Illimani wird er von den Indigena genannt, in Anspielung auf Inti die Sonne. Mit 6468 Metern ist der Illimani der zweithöchste Berg Boliviens und sicherlich auch einer der schönsten und imposantesten des Landes. Gleiches gilt auch für den 6088 Meter hohen Huayna Potosi, der mit seiner markanten Pyramidenform aus der eisüberzogenen Andenkette herausragt. Auf knapp 2 Millionen Einwohner mitsamt El Alto ist die Stadt mittlerweile angewachsen und damit die größte des Landes, dazu auch Verwaltungshauptstadt.
Wieder im Bus geht es an kleinen Waldstücken vorbei (mitten in der Stadt!) tieferen Regionen entgegen. Mein Bus hält im Indigenaviertel, direkt an der berühmten Marktstrasse Calle Linares. Hier finde ich auch schnell ein geeignetes Hotel, sodass ich mich mitten im marktähnlichen Treiben ansiedeln kann. Bunt und lebendig wirkt die Stadt, dazu chaotischer als mein Schlafzimmer, was sie mir gleich noch sympathischer macht. Die Strassen sind hier gepflastert und überwinden zum Teil beachtliche Höhenunterschiede, man beachte das es innerhalb des Stadtgebietes Höhenunterschiede von bis zu 1000 Metern gibt, das dürfte wohl Weltrekord sein. Weltrekord ist auch die mit durchschnittlich 3500 Metern angegebene höchstgelegene Hauptstadt der Welt. Lebendig und unendlich bunt wirkt das Straßenbild, vor allem durch die vielfarbige Wollbekleidung der Indigena hervorgerufen. Überall möchte man mir etwas verkaufen, mittendrin befinden sich zahlreiche Reiseagenturen. Hier muss ich mich also umschauen um Touren auf die großen Berge zu bekommen.
Viel Besucher bemängeln die schlechte Luft von La Paz, welche einerseits durch Autoabgase verursacht wird, andererseits durch geruchsintensive oder auch schon etwas faulige Handelsware. Ersteres ist kein Wunder, scheint doch fast die ganze Stadt von Autos verstopft zu sein. Autos sind hier zu billig, fast jeder kann sich die älteren Modelle leisten erzählt mir ein Taxifahrer. Diese Autos bräuchten sich bei einem deutschen Tüv erst gar nicht vorzustellen, aber was soll die Anstellerei, sie fahren doch. Und sie blasen ordentlich Abgase in die ansonsten exzellente Höhenluft, welche aufgrund der Kessellage des Innenstadtbereiches nur sehr schwer abziehen können. Trotzdem hält sich die Geruchsbelastung hier durchaus noch in erträglichen Grenzen, eigentlich wäre weitaus Schlimmeres zu befürchten. Auch die vom Marktgeschehen hervorgerufenen Gerüche halten sich durchaus im erträglichen Rahmen, ja sie geben der Stadt sogar eine weitere sehr individuelle Note. Alles in allem hat mich der erste Eindruck von La Paz mehr als überwältigt.
Anstiegsbeschreibung
Unser Berg lässt sich locker von La Paz aus als Tagestour besteigen. Er ist der höchste Punkt einer kleinen Untergruppe der Königskordilliere, entsprechend aussichtsreich ist die Gipfelsicht. Wer kein eigenes Fahrzeug hat und nicht unbedingt mit dem Taxi anreisen will kann den Ausgangspunkt leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Ausgangspunkt ist der Stadtteil Villa Fatima, Ausgangspunkt für alle Fahrten in die Dschungelregionen. Jeder Taxifahrer weiß, wo das liegt, es fahren auch Minibusse vom Prado. Hier fahren etwa halbstündig Busse und Minibusse nach Corioco, welche uns auf Wunsch überall auf der Strecke, bzw. an der Passstrasse aussteigen lassen. Einfach Bajar (aussteigen) rufen und der Fahrer hält an.
Ein Stück hinter dem Kontrollpunkt kommt der erste Stausee ins Blickfeld, die Gebirgsregionen hier sind für die Wasserversorgung von La Paz von extremer Wichtigkeit. Fast alle höher liegenden Bergseen werden für die Wassergewinnung genutzt. Auch hier gibt deshalb das Abschmelzen der Gletscherregionen Anlass zu größter Sorge.
Auf der linken Seite kurz hinter dem See sind breite Spuren zu erkennen, hier ist unser Ausgangspunkt. Sofort geht es steil bergauf, zuerst auf gutem Weg, der jedoch nach kurzer Zeit in einen engen Pfad übergeht. Der Pfad führt nach rechts auf die Passhöhe zu, schnell tauchen die ersten Berge vor uns auf, interessante Gesellen mit wilden, dunklen Felsformationen. Sie sind aber noch nicht das eigentliche Ziel, der Pfad macht einen weiten Linksbogen durch karge und unberührte Paramolandschaften.
Direkt vor uns ragt eine schwarze Felspyramide auf, diese steuern wir an, bis wir auf sehr undeutlichen Spuren, aber gutem Weg einen Übergang erreicht haben, direkt links unter dem Sockel dieses Gipfels.
Nun wird ein noch höherer Berg sichtbar, dessen felsiger Gipfelkopf von hier aus kaum ersteigbar aussieht. Pfadspuren leiten mit leichtem Höhenverlust auf den Berg zu. Er bildet den höchsten Punkt in einem langen Gratrücken, ein deutlicher Sattel trennt ihn von seinen Nachbarbergen. Diesen müssen wir erreichen, ein steiler Schutthang leitet uns hinauf. Nach dem langen Flachstück steigen wir diesen rechtsseitig ziemlich direkt hinauf, bis nach etwa 200 Höhenmetern der kleine Sattel erreicht ist.
Nun ragt direkt vor uns der steile Gipfelkopf auf, etwa 150 Höhenmeter weiter oben. Der erste Felsaufschwung lässt sich leicht rechtsseitig umgehen, einige Pfadspuren sind sichtbar. Nach und nach lösen sich alle scheinbaren Schwierigkeiten in Wohlgefallen auf, der Weg ist leicht zu finden, sogar ein paar einfache Markierungen kann der aufmerksame Beobachter ausmachen. Die Spuren biegen etwas nach Rechts ab und leiten unfehlbar durch die steilen Felsformationen. Ein schmales Band leitet dann auf den rechtseitigen Grat und von dort in leichten Kletterschritten direkt auf der Grathöhe die letzten Meter zum Gipfel.
Unterhalb des Sattels schauen wir direkt in einen kristallklaren Bergsee. Wir steigen auf direkter Linie herunter, über lockeren Schutt und später trockene Rasenflächen. Schnell sind wir am Seeufer angelangt, rechts leiten Spuren auf einen Berghang zu. Sie führen leicht ansteigend durch weite Schotterflächen auf einen Sattel zu. Der ist schnell erreicht und bietet prächtige Rückblicke auf unseren Berg. Geradeaus führt ein deutlicher Pfad auf die Passstrasse zu. Dieser führt allerdings deutlich bergab, und zwar durch sehr steilen Schutt. Wer das abfahren wirklich beherrscht dürfte hier viel Spaß haben. Direkt unter dem Hang führt die Strasse durch, wir landen direkt an der Staumauer, wo immer genug Busse oder auch LKWs für die Rückfahrt vorbeikommen. Selbst von der Polizei bin ich schon mal mit bis zurück nach La Paz genommen worden. Man kann sich ruhigen Gewissens an die Straße stellen, denn von Überfällen auf Ausländer ist in den letzten Jahren in dieser Gegend nichts bekannt geworden.