Silberberg Cerro Rico (4848 m)

Der bekannte Cerro Rico - der Silberberg - erhebt sich direkt über Potosi, im Süden von Bolivien.

Immerhin ist der Cerro Rico kürzlich zum Weltkulturerbe erklärt worden, pünktlich zur 500 Jahrfeier der „Begegnung der Kulturen", der Ausdruck wirkt wie ein Hohn auf alle Angehörigen der zerstörten dieser Kulturen. Für sie ist diese Begegnung alles andere als ein Grund zu feiern, sondern der Ursprung allen Übels und das faktische Ende der Entwicklung ihrer Kultur. Nur mehr Rudimente konnten aufrecht erhalten werden, welche die Eroberer aufgrund von Faulheit oder Gewissensberuhigung fortleben ließen.

In unserer heutigen angeblich aufgeklärten und humanistischen Zeit ist diese Art von unfreiwilligem Spott nicht nur geschmacklos sondern auch extrem peinlich. Sie zeugt entweder von heuchlerischster Arroganz oder aber himmelschreiender Dummheit und Unkenntnis der Geschichte, beides ist den Verantwortlichen Politikern ohne weiteres zuzutrauen. Während man das Wort Nazi als Deutscher praktisch nicht in den Mund nehmen darf wird eine Verbrechensserie von ähnlichem Ausmaß mit Konsequenzen bis in die Gegenwart als Großes Ereignis oder gar Heldentat gefeiert. Ich glaube da erübrigt sich jeder Kommentar.

Nach der Minenbesichtigung möchte ich noch eine Wanderung auf den Gipfel des Cerro Rico unternehmen und verabschiede mich von den Anderen, die mit dem Sammeltaxi weiter nach Sucre fahren. Im Hotel wollen wir uns aber noch mal treffen. Doch erst mal mache ich mich über staubige Fahrwege auf in Richtung Christusstatur. Ganz wohl war mir nicht allein in dieser Umgebung, ignorieren kann ich sie nicht die feindseligen Blicke, die mir von vielen Seiten entgegenschlagen. Auch Zurufe der Arbeiter, welche auf den Ladeflächen der Lastwagen sitzen wirken nicht immer freundlich. Aber meine Sorgen sind unbegründet, jeder ist wohl zuerst einmal mit sich selbst beschäftigt. Mühsam schleppe ich mich über die nicht allzu steilen Wege höher, wieder merke ich die Höhe viel mehr als das eigentlich normal wäre, vielleicht hat mir der Aufenthalt in den Schächten nicht gut getan.

Trotzdem komme ich auf den deutlichen Wegen gut voran und über am Schluss steilen und Weglosen Schutt erreiche ich dann viel zu erschöpft den Gipfel. Der oberste Teil ist nicht mehr befahrbar, wenigstens hier hat der Berg Ruhe vor den Ameisenströmen, welche ihn unentwegt bevölkern. Dachte ich zumindest, aber direkt am Gipfel befindet sich eine Holzhütte mit Solaranlage auf dem Dach. Vom Bewohner aber leider keine Spur, dafür gibt es hier viele verschiedenfarbige Gesteinsarten und phantastische Ausblicke auf das gesamte umliegende Land. Vor allem der Blick nach Osten hat es mir angetan, mehrere schöne Seeaugen sind dort zu finden mit ganz interessanten Bergzielen darüber. Ich beschließe noch einen Tag in Potosi zu bleiben um dort eine Wanderung zu unternehmen. Beim Abstieg bekomme ich schon freundlichere Antworten auf mein freundliches Grüßen, den Arbeitern scheint es sehr suspekt zu wirken, das ein Gringo einfach aus Spaß ihren Berg erwandert.

Mit dem Taxi geht es zurück zum Hotel, wo neben Abschiednehmen noch das Organisieren einer Verlängerungsnacht auf dem Programm steht.

Cerro-Rico-Potosi

Am nächsten Morgen fühle ich mich noch elender als am Vortag, Pizza, Höhe oder noch andere Gründe lautet die Frage, die ich nicht beantworten kann. Trotzdem nehme ich mir ein Taxi und fahre zum Ausgangspunkt meiner geplanten Wanderung. Doch ich schleppe mich mehr vorwärts, als das ich Laufe, das kann doch nicht war sein. Schon nach ein paar hundert Höhenmetern bin ich völlig platt, habe aber auch schon den ersten der Seen erreicht. Weiter hinten thronen interessante Berggipfel, aber auch ein Gewitter meldet sich an, also sowieso keine günstigen Vorraussetzungen für eine längere Tour. Doch diesen und weiter Seen umrunde ich noch, auf nahezu ebenen Pfaden. Glasklar ist das Wasser und kein Mensch in dieser Umgebung unterwegs. Viel Grün gibt es zu sehen mit zahlreichen Tierarten, vor allem Llamas und Alpacas.

Fast wie in den Alpen komme ich mir vor, hoch über mir steigt ein Grat an der zu den ersten Gipfeln, aber immer dunkler werden die Wolken, sodass ich beschließe nach Potosi zurückzukehren. Ein Paradies für Eingehtouren habe ich hier gefunden. Von Potosi geht es dann mit dem Nachtbus zurück nach La Paz, Bus Cama heißt das Zauberwort, was mir eine sehr erholsame und ruhige Fahrt beschert.