Scheienflue (2628 m) Rätikon
Wächter über St. Antönien
Bestaunt wird sie oft die Scheienflue, bestiegen indes eher selten. Imposant fallen die Steilabstürze ihrer Westwand direkt über Partnun ab, die mit Schrofen durchsetzte Ostseite indes ist leicht zu begehen. Ähnlich verhält es sich bei Sulzflue und Drusentürmen auch, sodass diese höheren und vor allem bekannteren Berge sich bei Bergsteigern größerer Beliebtheit erfreuen.
Rätschenhorn und Madrisahorn liegen ebenfalls in direkter Nachbarschaft zur Scheienflue und erhalten größeren Zuspruch. Aber auch die Scheienflue besitzt die typischen Vorzüge der großen Rätikonberge. Von der Ostseite ein leichter Anstieg, eine charakteristisch geformte Felsbastion und eine Steilwand, welche nur von Extremalpinisten zu durchsteigen ist und öfters Sportkletterer anzieht. Dazu befinden sich mehrere Höhlen in den unteren Abschnitten ihrer Wände, und als Krönung der tiefblaue Partnunsee in direkter Nachbarschaft. Außerdem führt ein ganz beträchtlicher Teil dieser Tour durch helle, zauberhaft wirkende Karstlandschaften.
Ein wahres Kalendermotiv stellt die Scheienflue von St Antönien aus da, wo sie als breite Mauer den Talschluss beherrscht. Im Winter gilt St. Antönien als Skitourenparadies mit fantastischen Abfahrtsmöglichkeiten, auch das Schneeschuhwandern ist hier weit verbreitet. Eine der lohnendsten Touren ist die Scheienflue, aber auch im Sommer haben sowohl die Region, als auch die Tour einiges zu bieten. Die Hauptgefahr bei winterlichen Touren stellen nicht nur im St Antöniertal, aber vor allem dort Lawinen dar. Das hat menschlich verursachte Hintergründe, denn vor rund 700 Jahren rodeten die ersten Walser den Bergwald und bauten aus dem geschlagenen Holz die typischen und charakteristischen Walserhäuser. Dadurch aber war die bisher wichtigste Säule des Lawinenschutzes dahin. Doch was der Wald kann meint der Mensch ja auch zu können, daher mussten am Chuenihorn 12 Kilometer weit reichende Lawinenverbauungen errichtet werden, die mittlerweile als Wahrzeichen des Ortes gelten. Sie werden als "Symbol des Wiederstandes gegen die wilde Natur " bezeichnet. Aber diese wird sich auf Dauer zu wehren wissen, dem historisch einzigartigen Größenwahn des Menschen zum Trotz. Auf Dauer wird sich die Natur immer durchsetzen, was sich häufende Umweltkatastrophen in den vergangenen Jahren, auch oder gerade im Alpenraum, bestätigen. Zudem sind diese Verbauungen nicht gerade ein Symbol für Ästhetik. Eigentlich stehen sie dem Werbeslogan St. Antöniens von der ursprünglichen Natur diametral entgegen. Zwischen diesen für schlappe 12 Millionen Franken errichteten Kunstbauten wächst am Chuenihorn wieder junger Wald als natürlicher Schutz, üppiger als der hiesigen Waldgenossenschaft lieb ist, denn ihre Weideflächen verwandeln sich allmählich wieder in Bergwaldgebiete. Die Frage ist, wie lange diese sich dann erhalten dürfen.
Auf die direkte Umgebung der Scheienflue trifft der Slogan " Bergseen, Blumenwiesen, Kletterfelsen und Höhlen; Tiefschneespuren, Skitouren und Wanderungen mit oder ohne Ski“ allerdings noch in hohem Maße zu. Dies jedoch soll geändert werden, eine Erweiterung des Skizirkus der Madrisa bis ins St Antönier Joch ist angedacht worden, gottlob aber liegt das Projekt nicht zuletzt Dank eines massiven Widerspruches diverser Umweltgruppen erst einmal auf Eis.
Der Wegverlauf
Gängigster, auf jeden Fall aber billigster Ausgangspunkt ist St. Antönien, bzw. der Parkplatz direkt hinter dem Ort. Wer mit dem Auto anreist kann auch bis Partnun weiterfahren, und dort für 5 Franken pro Tag parken und auch starten. Leider ist dieser Fahrweg auch der erste Teil des Anstiegsweges von St. Antönien aus, aber zum Glück hat man dort immer die wuchtigen Westabstürze des Tageszieles vor Augen. Partnun liegt auf gut 1800 Metern Höhe und besteht nur aus einigen Ferienhäusern und Gaststätten. Direkt am Parkplatz beginnt der Weg in Richtung Sarottlafurka. Er führt zu Rechten in das Tal hinein und quert direkt unter den, von hier wie mit dem Messer abgeschnitten wirkenden, Westabstürzen des Berges. Nach kurzer Zeit wendet sich der Weg nach Links, jetzt steiler werdend, der Sarottlafurka zu. Ganz dicht führt er an in die Wand hinein gefressenen Höhlen vorbei, welche einen kleinen Abstecher wert sind. Am ersten Passübergang auf der Südseite des Berges biegen wir auf ein nun recht flaches Wegstück in Richtung Norden (Rechts) ein, und folgen dem Weg durch eine Weite, grasige Ebene. Dunkle und bizarre Felsformationen beherrschen das Bild. Ein Gegenstück zu diesen bilden links Weißplatte und Scheienflue mit ihren Rasen durchsetzten, hellen Kalkfelsen. Der erste der beiden Gipfel ist die Scheienflue. Sobald uns ein zuerst grasiger Abschnitt auffällt biegen wir nach Links oder Westen in die Flanke. Schwierigkeiten gibt es nur bei der Wegsuche, aber einige schwache Steigspuren helfen uns darüber hinweg. Einige flache, plattige Felsen stellen sich uns in den Weg, überschreiten aber nirgends den ersten Schwierigkeitsgrat. Direkt unter einer kleinen Einsattelung wenden wir uns nach rechts um über Rasenflächen und ganz leichte Felsen den weiträumigen Gipfel zu erreichen. Eine ganze Büffelherde hätte Platz auf diesem großflächigen Plateau. Trotzdem beeindrucken vor allem die Tiefblicke die Wand hinunter auf Partnun und zum Partnunsee. Nebenan schwingt sich die steilwandige Sulzflue noch einige Meter höher auf, die Südseite wird von den großen Silvrettaberge, allen voran des gigantischen Piz Linard, beherrscht. Zurück suchen wir uns wieder den gleichen und hoffentlich besten Weg durch die Ostflanke um zum Weg zurückzukehren. Nun bietet es sich an die wenigen Höhenmeter ganz zum Sarottlapass hinaufzusteigen und den Beschilderungen nach Partnun und zum See zu folgen. Hierfür ist allerdings noch ein größerer Zwischenaufstieg notwendig, aber einige zusätzliche Höhenmeter müssten dank der bisherigen Kürze der Tour allemal drin sein. Und der Weg lohnt sich, er führt durch einsame Karstlandschaften, mit kleinen Seeaugen und Rasenhängen durchsetzt. Um den kompletten Bergstock der Weißplatte führt der Weg herum, und Abkürzen können wir aufgrund der sehr steilen Felsgebilde über uns nicht. Trotzdem ist nach ein bis anderthalb Stunden der felsige Sattel über dem Partnunsee erreicht. Bewundernd schauen wir auf zu den fast senkrechten Südabstürzen der Sulzflue und können vielleicht auch einige Kletterer entdecken. In steilen Serpentinen führt der Weg hinunter, bis wir am Ufer des tiefblauen Sees angelangt sind. Welch freudige Überraschung, liegt doch hier ein für jedermann zugängliches Ruderboot am Ufer was wir benutzen können wenn es nicht gerade belegt ist. Die Gemeinde hat daneben eine Opferstock ähnliche Dose im Fels angebracht wo die Bootsfahrt gleich unbürokratisch bezahlt werden kann. Es gibt also noch etwas Vertrauen in die Ehrlichkeit der Bergsteiger. Der weitere Abstieg nach Partnun dauert keine halbe Stunde mehr und ist bestens beschildert.
Talort: St. Antönien (1450 m)
Ausgangspunkte: St. Antönien oder Partnun (1800 m)
Zeiten: St Antönien-Scheienflue: 3 St. Abstieg 2 St.; Scheienflue-St. Antönien über Parnunsee: 3 St. ; St Antönien-Partnun: 1 St. , Abstieg 0,5 St.
Höhenunterschiede: St. Antönien-Scheienflue: 1200 Hm. Über den Partnunsee + 200 Höhenmeter Gegenanstieg, St Antönie-Partnun: 350 Hm.
Schwierigkeiten: im Fels leicht, etwas komplizierte Wegführung, für erfahrene Bergwanderer sicherlich machbar
Stützpunkte: keiner
Übernachtungen im Talort: Matels in Pany, tel.: 0873321614 (sehr günstig) , Red Mountain Lodge, tel.: 079/4224488
ÖPNV-Anschluß: regelmäßige Busverbindungen von Küblis nach St. Antönien, Küblis liegt an der Bahnstrecke Davos-Chur