Morgendliche Überschreitung in den Serranias Allminallis von La Paz aus

Nur noch 3 Tage bleiben mir in La Paz, bevor es nach Deutschland zurück geht. Ich muss unbedingt noch mal in die Berge meiner alten Wahlheimat.

Um 11 Uhr habe ich noch eine Stadtführung zugesagt, für Stammgäste die ich zumindest noch einen Tag selbst begleiten möchte. Da bleibt doch vorher genug Zeit für eine meiner absoluten Lieblingstouren: Die Überschreitung eines namenlosen 5005 Meter hohen Berges in den Serranias Allminallis. Diese kleine Bergkette befindet sich praktisch direkt an der Passstraße zwischen La Paz und Coroico. Je nach Verkehrslage kann man von La Paz aus schon in 45 Minuten am Ausgangspunkt sein. Ein früher Start ist dabei extrem hilfreich, bis 7 Uhr hält sich selbst im Zentrum von La Paz der Verkehr in erträglichen Grenzen. Danach kann von erträglich keine Rede mehr sein.

5000er Serranias Allminallis Bolivien

Also starte ich noch im Dunkeln, circa um 5 Uhr, mit meinem Fahrer (Santo) Julio. Wenn ich um 6 Uhr losgehe bleiben mir satte 4 Stunden um passend wieder am Auto zu sein. Denn um 10 sollten wir spätestens losfahren, damit ich pünktlich zu meiner Stadtführung komme. Das sollte doch reichen. Essen, Trinken und Wechselwäsche habe ich schon mal im Auto parat gelegt. Endlich geht es los. Für die erste halbe Stunde brauche ich noch das Licht meiner Stirnlampe. Aber ich kenne die Wege gut, und finde mich problemlos zurecht. Außerdem begleitet mich netterweise ein Hund, der den nahe gelegenen, kleinen Bauernhof verteidigt. Kalt ist es um diese Uhrzeit in den Anden, definitiv deutlich in den Minusgraden. Aber schon bald sehe ich die ersten Lichtstreifen am Horizont und weiss wieder warum ich mir diesen frühen Start antue: Das erste Licht in den Hochanden, immer wieder fantastisch, mit unglaublichen Farbenspielen. Ich bin mittlerweile in weglosem Gelände unterwegs und schwinde mich einen steilen Grashang hinauf, während die ersten Felsformationen in der Sonne erglühen. Allerdings frischt, wie so oft bei Sonnenaufgang, auch der Wind nochmal auf. Bald habe ich den Grat erreicht und der Blick weitet sich in fast alle Richtungen. Besonders die Eisberge Illimani, Mururata und der deutlich nähere Serkhe Khollo erstrahlen in leuchtenden Rottönen. Genau dafür bin ich hergekommen!  Aber nicht nur dafür, am Grat startet auch die Kletterei. Zuerst muss ich auf die nördliche Gratseite wechseln und direkt unter mir legt sich nun ein weiches, gelbliches Licht über die Laguna Encantada. Sie liegt in in einer sattgrünen Ebene direkt zwischen Punkt 5108 und meinem Gipfel. Der See birgt eine seltene Besonderheit. Sein Auslauf wird von einem natürlichen Felswall blockiert, ganz ohne künstliche Hilfe. Endlich bekomme ich die ersten Kletterstellen unter die Hände, durch die Bewegung spüre ich die immer noch vorhandene Kälte kaum, also riskiere ich es die Handschuhe in den Rucksack zu packen. Schnell noch etwas trinken und ein Riegel Schokolade, dann muss ich aber weiter. Denn sofort wird es kalt. Der Hund ist immer noch bei mir, auch sein Blick verlangt nach Essbarem. Schokolade macht hier nicht unbedingt Sinn, also breche ich ihm ein Stück von meinem Brot ab. Jetzt muss ich ein kleines Wändchen überwinden. Nichts schwieriges, maximal ein Zweier, wenn überhaupt. Mit leichtem Auf und Ab bewege ich mich am Grat vor. Hier kapituliert mein Begleiter, er wählt einen tieferen Weg, etwas unter den Felsen. Später sehen wir uns aber wieder. Ich hingegen kann mich nach Herzenslust hier oben austoben. Ein paar dunkle Felshöcker stellen sich mir in den Weg, und lassen sich kurzweilig, ohne ernsthafte Schwierigkeiten, überschreiten. Der Wind tut mir nicht den erhofften Gefallen zu schwächeln, treibt aber, so zu sagen als Gegenleistung, interessante Wolkenformationen über einen Nachbargrad. Gegen Mittag soll das Wetter kippen, aber dann bin ich längst wieder unten. Naja beobachten muss ich das Wetter natürlich schon, die Vorhersage ist nicht gerade das Nonplusultra hier. Bisher sieht alles gut aus.

Laguna Encantada

Noch ein paar Meter abklettern dann bin ich nah am Gipfel. Die letzten ca. 20 Höhenmeter sind Gehgelände, mit grandioser Aussicht auf die Nachbarberge. Oben erwartet mich ein kreisrunder Steinwall, wohl zum Schutz gegen den Wind. Inkaruinen? Zwar ist das nicht ganz auszuschließen, aber es ist wohl eher das Werk eines Llamahirten den die Langeweile auf diesen herrlichen Punkt verschlagen hat.

Oder die Aussicht, die hat es nämlich durchaus in sich. Im Norden dominiert das weiß glänzende Trapez des Huayna Potosi (6088m), flankiert von den 5000ern Chacaltaya und Charkini. Sogar der ferne Titicacasee ist am Horizont zu erkennen.

Unten auf dem Altiplano breitet sich das riesige El Alto aus. Imposanter sind aber die bebauten Hänge über La Paz mit der Muela de Diablo. Apropos imposant: Illimani und Mururata beherrschen den Süden. Zum greifen nah wirkt die Hampaturigruppe mit Serkhe Kholla, Hathi Kollo und Japa Japani.

Und direkt davor schlängelt sich die Passstraße mit ihrem tiefblauen Stausee.

Nach einem halbwegs ausgiebigen Frühstück muss ich dann wieder weiter. Auch der Abstieg macht Spaß. Eine der Kletterstellen steige ich sogar nochmal wieder hoch, weil sie so schöne Griffe bietet. Danach kommt gröberes Blockwerk auf mich zu. Etwas unangenehmer geht es so zur immer noch über 4800 Meter hoch gelegenen Einsattlung hinunter.

Serranias Allminallis Punkt 5108

Ab hier beginnt der Abfahrspaß: feines, weiches Geröll in beachtlicher Steilheit kann in großen Sprüngen überwunden werden. Das ist zwar auch anstrengend, aber fast wie Skifahren und zudem sehr gelenkschonend. Julio wundert sich unten wie fix der Abstieg vonstatten ging. Es ist erst 9 Uhr, also mehr als genug Zeit zum sich umziehen, ein bisschen was zu Essen und nach la Paz zu fahren.

Die Tour auf den Hauptgipfel der Serranias Allminallis, Punkt 5108m, findet sich hier: www.suedamerikatours.de/spezial-touren/tagestouren-um-la-paz/248-serranias-allmanillas

Wolkenspiele Cordilelra Real